Wien, 07.10.2021: Seit rund 150 Jahren (1867) ist die Gewaltenteilung ein tragendes Prinzip Österreichs. Die Justiz ist von der Verwaltung getrennt und unabhängig. Die Strafjustiz hat einer Verdachtslage kraft Gesetzes nachzugehen, gleichgültig, gegen wen sich der Verdacht richtet.

Ein Ermittlungsverfahren dient dazu, den Sachverhalt aufzuklären und festzustellen, ob sich ein Anfangsverdacht erhärtet oder nicht. Das ist für jeden Beschuldigten einzeln zu prüfen. Darin liegt die Kernaufgabe der Staatsanwaltschaften.

Das Ermittlungsverfahren ist nicht öffentlich. Gleichwohl hat die Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse zu erfahren, ob gegen hochrangige Amtsträger der Republik ermittelt wird.

Die Staatsanwaltschaften haben ihre Verfahren objektiv zu führen – sie sind nach dem Gesetz keine „Jäger“, sondern „Aufklärer“. Die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sind keine „linken“ und auch keine „rechten“ oder anderen „Zellen“. Sie sind Menschen wie alle Bürgerinnen und Bürger, die ihre – wichtige und durchaus schwierige – Aufgabe erfüllen.

Die WKStA hat ein (weiteres) Verfahren gegen Personen im Bereich der ÖVP eingeleitet und ermittelt. Sie hat eine Verdachtslage formuliert. Es existieren rechtsstaatliche Möglichkeiten bei Gericht gegen überschießende Verdachtsannahmen und Ermittlungen vorzugehen.

Die öffentliche Diskussion über die Verdachtshandlungen und ihre Einordnung und über die Ermittlungshandlungen kann und soll auch geführt werden. Es ist dabei aber für unseren Rechtsstaat und unsere Demokratie (die uns von totalitären Systemen unterscheidet) von größter Bedeutung, dass diese Diskussion sachlich geführt wird. Pauschale Anwürfe gegen die WKStA sind nicht sachlich. Sie sind entbehrlich.

Es ist glasklar, dass öffentliche Mittel gesetzmäßig für öffentliche Zwecke zu verwenden sind. Genauso klar ist es, dass Amtsträgern Vorteile im Austausch für Amtsgeschäfte nicht angeboten werden dürfen und Amtsträger keine annehmen dürfen. Sieht die Staatsanwaltschaft einen darauf gerichteten Verdacht so wie hier, hat sie zu ermitteln. Das Ergebnis dieser Ermittlungen wird dann die Grundlage dafür sein, wie im Verfahren weiter vorzugehen ist.

Das nun eingeleitete Verfahren ist ein Markstein. Die Justiz hat sich trotz zahlreicher medialer Zurufe (von allen Seiten) in ihrer Objektivität besonders zu bewähren. Die Politik hat die Justiz arbeiten zu lassen. Verunglimpfungen der Staatsanwälte leisten dabei einen schlechten Dienst. Sie sind zu verurteilen. Für Vorverurteilungen und die pauschale Kriminalisierung ganzer Gruppen gilt das ebenso.

Der Vorstand